Überörtliches Medizinisches Versorgungszentrum GmbH

Als Diabetiker fit für die große Urlaubsreise!

Vor allem bei Fernreisen steigt neben der Urlaubsfreude auch der Stresspegel: Flug, Zeitverschiebung und fremdartige Umgebung versetzen den Körper in Alarmbereitschaft – der Blutzuckerspiegel steigt.

In der Regel benötigt man als Diabetiker für die Umstellung bis zu drei Tagen. In dieser Zeit sollte man den Blutzucker-Zielwert höher ansetzen. Sie sollten auf der Reise häufiger Blutzucker-Messungen durchführen als zuhause. So kann etwa erhöhte körperliche Aktivität, z.B. beim Bergwandern oder Schwimmen, den Insulinbedarf verringern. Umgekehrt treibt mitunter der Strandurlaub mit verringerter Aktivität den Blutzucker in die Höhe. Und wer in heißem Klima stark schwitzt und nicht ausreichend Flüssigkeit trinkt, muss ebenfalls mit deutlich erhöhten Werten rechnen.

Sind Sie mit dem Flugzeug unterwegs, sollte Ihre Reiseapotheke doppelt gepackt sein, aufgeteilt in Handgepäck und Großgepäck. Falls Ihre Koffer nicht mitkommen, haben Sie dennoch alles zur Hand.

Ins Handgepäck gehören:

  • Ihr Pen und dazugehörige Nadeln
  • Insulinpatronen bzw. Insulinfläschchen
  • Blutzuckermessgerät (incl. Ersatzbatterien)
  • Teststreifen
  • Stechhilfe mit den dazugehörigen Lanzetten
  • Traubenzucker
  • Zwischenmahlzeit
  • 1 Ampulle Glucagon
  • Ihr Diabetikertagebuch mit BE (Brot-Einheiten)-Tabelle) – ggf. auch in der Landessprache
  • Ärztliches Attest zur Vorlage bei Grenz- und Sicherheitsbehörden (Sie erhalten dies von uns), sowie einen Medikamenten-Dosierplan
  • Servicenummer Ihres Geräteherstellers
  • Zum Transport des Insulins kann eine Thermoskanne oder Kühltasche mitgenommen werden.
  • Wenn Sie in Länder mit sehr heißem Klima reisen, sollten Sie  auch bedanken, dass dort die Insulinwirkung schneller eintreten kann.

Bei Flugreisen in andere Zeitzonen sind unter Umständen Dosisanpassungsstrategien für die Insulintherapieerforderlich. Denn Insulin spritzende Patienten müssen die Injektion der lang wirkenden Basal-Insuline und des kurz wirkenden Normalinsulins vor der Mahlzeit an die Zeit der neuen Zeitzone anpassen.

Der Blutzuckerspiegel und die Insulinwirkung können sich im Urlaub verändern. In südlichen Ländern sind durch die Hitze Stoffwechselentgleisungen häufiger. Die Haut wird bei hohen Temperaturen besser durchblutet und das Insulin schneller aufgenommen. Durch das vermehrte Schwitzen steigt der Flüssigkeitsverlust, die ohnehin eingeschränkte Nierenfunktion kann weiter sinken. Auch durch das Weglassen von Mahlzeiten, das Essen zu ungewohnten Zeiten oder Alkoholkonsum bringen die Blutzuckerwerte durcheinander. Bei der basal unterstützen oralen Therapie (BOT), bei der die gewohnten oralen Antidiabetika beibehalten werden und einmal täglich ein langwirksame Insulin gespritzt wird ist eine solche Anpassung nicht erforderlich. Die Injektionen müssen einfach wie bisher einmal täglich im Abstand von ca. 24 Stunden fortgesetzt werden.

Zu den häufigsten Erkrankungen unterwegs zählen – unabhängig vom Urlaubsland – Durchfall und Erbrechen. Beides verursacht einen erhöhten Wasser- und Mineralienverlust, der rasch zum Entgleisen des Stoffwechsels führen kann. Zuckerpatienten sollten deshalb immer in der Lage sein, verlorene Flüssigkeit schnell wieder zuzuführen und ihren Blutzuckerwert regelmäßig zu messen.

Zusätzliche Messungen sind auch nach dem Verzehr exotischer Speisen mit unbekannter Wirkung oder bei ungewohnten Belastungen beim Sport, Bergwandern oder auf einer Trekking- Tour erforderlich.

 

pfeil_grey_small  Bei einer Kontrolluntersuchung etwa sechs Wochen vor der Reise können wir für Sie die Stoffwechseleinstellung überprüfen und den Gesundheitspass Diabetes aktualisieren.

 

Auf Reisen sollten Diabetiker sicherheitshalber die doppelte Menge des normalerweise benötigten Vorrats an Tabletten oder Insulin mitnehmen. Sie benötigen also die entsprechenden Rezepte. Wichtig ist auch eine großzügige Menge an Teststreifen, denn vor Ort sind diese möglicherweise nicht erhältlich. Diese wie auch Testgeräte müssen unterwegs immer vor Hitze, Kälte und Feuchtigkeit geschützt werden. Im Flugzeug gehört das gesamte Material ins Handgepäck.

(Quellen: ABDA, tachherrdoktor, Medical Tribune)

 

Insulintherapie und transmeridiane Flüge

Bei vorsichtiger Schätzung kann man davon ausgehen, dass eine Milliarde Passagiere pro Jahr Zeitzonenflüge machen. Ausgehend von den Zahlen in Deutschland, nach denen auf 80 Millionen Einwohner 600.000 Insulin spritzende Diabetes-Patienten (davon 150.000 Menschen mit Typ-1-Diabetes) kommen, müsste etwa jeder 500ste Fluggast einen insulinpflichtigen Diabetes haben. Demnach fliegen pro Jahr weltweit etwa zwei Millionen Menschen, die auf eine Insulin-Therapie angewiesen sind. Sie müssen sich besonders auf ihre Reise vorbereiten, denn der Wechsel der Zeitzone hat einen Einfluss auf ihre Insulin-Therapie.

Kontrolle der zirkadianen Hormone und der Blutzucker-Werte

Uns interessierte, welche Auswirkungen ein transmeridianer Flug von Tübingen nach Los Angeles über neun Zeitzonen und nach Tokio über acht Zeitzonen auf die zirkadianen Hormone von Gesunden und von Patienten mit Typ-1-Diabetes hat. Daher haben wir den Rhythmus der zirkadianen Hormone ACTH, Cortisol, Endorphin, Wachstumshormon, Katecholamine und Melatonin untersucht. Die Blutproben wurden bei 14 Patienten mit Typ-1-Diabetes und 13 (bzw. Tokio: 15) Stoffwechselgesunden dreimal pro Tag genommen, an den Reisetagen bis zu achtmal, und sofort aufbereitet bis zur Tiefkühlung. Außerdem erfolgte die Entnahme von Blutproben an einem Vergleichstag in Tübingen zur Kontrolle. Die Diabetes-Patienten bestimmten zusätzlich fünf- bis neunmal am Tag selbst ihren Blutzucker. Die Gruppen waren in Alter, Größe und Diabetes-Dauer sehr gut miteinander vergleichbar, nur das relative Gewicht fiel bei den Gesunden leicht, aber signifikant geringer aus als bei den Menschen mit Diabetes.

Intensivierte konventionelle Insulintherapie

Mit einem HbA1c-Wert von 7,1% waren die Diabetes-Patienten sehr gut eingestellt (die Gesunden hatten einen HbA1c-Wert von 5,5%). Ihre Behandlung erfolgte mit einer intensivierten konventionellen Insulintherapie (ICT) , mit der sie sich gut auskannten: Das Verzögerungsinsulin wurde morgens und abends je etwa zur Hälfte in einer konstanten Dosis gespritzt, die Injektion des kurz wirkenden Normalinsulins erfolgte vor den drei Hauptmahlzeiten in Abhängigkeit von der Höhe des gemessenen Blutzuckers und der geplanten Kohlenhydratmenge in der Mahlzeit.

Ratschläge für den Flug

Da uns auf einer Reise eine Unterzuckerung gefährlicher trifft als eine kurzfristige Überzuckerung, schlugen wir den Insulin spritzenden Diabetes-Patienten vor, den Ziel-Blutzucker vor den Hauptmahlzeiten von 100 auf 150 Milligramm pro Deziliter (mg/dl) zu erhöhen. Das bedeutete, im Durchschnitt vor jeder Mahlzeit 2 IE Normalinsulin weniger zu spritzen. Darüber hinaus schlugen wir vor, Korrekturdosen Normalinsulin erst dann zu spritzen, wenn der Blutzucker zwischen den Hauptmahlzeiten oder vor den Zwischenmahlzeiten über 200 bis 250 mg/dl ansteigt (man bedenke, dass fremdländisches Essen manchmal nicht richtig eingeschätzt wird).

Zeitverschiebung um neun bzw. acht (sieben) Stunden

Am Morgen des Flugtages wurde die übliche morgendliche basale Verzögerungsinsulin-Dosis verabreicht. Auf den Flügen in Richtung Westen, nämlich von Tübingen nach Los Angeles und von Tokio nach Tübingen, verlängert sich der Tag, weil wir im Flugzeug sitzend mit der Sonne fliegen. Auf dem Weg von Tübingen nach Los Angeles ist der Tag wegen der Zeitverschiebung um neun Stunden länger, auf dem Flug von Tokio nach Tübingen um acht Stunden (gemessen am Sonnenstand, da in Tokio keine Sommerzeit existiert, in Mitteleuropa aber um eine Stunde in der Sommerzeit vorgestellt wird, war der Unterschied nach bürgerlicher Zeitrechnung sieben Stunden, worauf auch unsere Berechnungen basieren).

Der Flug nach Westen

Auf dem Flug nach Westen sollten sich die Diabetes-Patienten eine zusätzliche Injektion von Basalinsulin am Abend nach mitteleuropäischer und Tokyoter Ortszeit spritzen und zwar 1/12 der üblichen abendlichen Basalinsulin-Dosis pro Stunde Zeitverschiebung, also 9/12 auf dem Flug Tübingen – Los Angeles und 7/12 auf dem Flug Tokio – Tübingen. Dann stellten sie die Uhr um, zum Beispiel von 19.00 Uhr MEZ (- 9) auf 10.00 Uhr Los Angeles-Zeit und verbrachten den Rest des Tages (bzw. nach MEZ Abends) im Sonnenlicht, das durch die Fenster des Flugzeugs hineinschien. Zum Zeitpunkt des Zubettgehens in der neuen Zeitzone wurde die übliche Basalinsulin-Dosis verabreicht und zwischen 0.00 und 3.00 Uhr in der neuen Zeitzone ein Blutzucker-Wert bestimmt. Wenn nötig, erfolgte eine Aufnahme von zusätzlichen Broteinheiten (BEs).

Der Flug nach Osten

Auf dem Flug nach Osten von Los Angeles nach Tübingen und von Tübingen nach Tokio verkürzt sich die Nacht (die Linienflüge starten nachmittags bis abends und erreichen am nächsten Tag das Ziel). Von Tokio nach Tübingen stehen sieben Stunden weniger zum Schlafen zur Verfügung, die Nacht verkürzt sich von zwölf auf fünf Stunden. Daher spritzten die Patienten nur 5/12 der üblichen abendlichen Basalinsulin-Dosis und stellten dann die Uhr um. Auf dem Flug von Los Angeles nach Tübingen verkürzte sich die Nacht um neun Stunden, vom Basalinsulin wurden 3/12 der üblichen Dosis gespritzt (waren dies 4 IE oder weniger, wurde vollends auf die Injektion verzichtet).

Werden diese Regeln beachtet, ist das Reisen für Menschen mit einem insulinpflichtigen Diabetes genau so Freude und Bereicherung wie für Gesunde auch.

Für die Empfehlungen und deren Vollständigkeit wird keine Gewähr übernommen. (Quelle: Diabetes world)